What a year!

Mit Fug und Recht können wir behaupten, dass selbst langjährige Berufserfahrung kaum ausgereicht hat, die Geschehnisse des Jahres 2022 in einen historischen Kontext zu bringen. Ein völlig überraschender Angriffskrieg zu Beginn des Jahres am Rande der europäischen Grenzen erschüttert uns alle noch heute. Die Folge war eine nie zuvor gesehene Energiekrise, die im Jahresverlauf zu zweistelligen Inflationsraten geführt hat. Die europäische Notenbank, die viel zu lange mit einer ersten Leitzinsanhebung gewartet hatte, geriet in Zugzwang. In der Folge kam es zu einem Zinsanstieg, der historische Dimensionen erreichte.

Erinnern Sie sich noch an das Niedrigzins- bzw. Negativzinsniveau? Da war doch was.

Mit steigenden Zinsen können unsere Risikotragfähigkeitssysteme umgehen. In den letzten Jahren hat sich aber viel getan. Der Wechsel von der rein periodischen Risikotragfähigkeit zur barwertigen Risikomessung hat in 2022 Fahrt aufgenommen. Die Abschreibungspotentiale im Zuge des Zinsanstieges sind meist beherrschbar. Hierfür stehen Rücklagen und Bilanzierungswahlrechte zur Verfügung. Aber was ist mit dem Rückstellungstest, der Drohverlustrückstellungen ankündigt und den unterjährigen Verlusten, welche die Eigenmittelausstattung belasten?

Sowohl das Strategische wie auch das Taktische Treasury in der KC Risk AG waren in 2022 mehr als gefordert, um den Herausforderungen eines besonderen Jahres begegnen zu können. Einen kurzen Rückblick wollen wir Ihnen geben:

Bonitätsmanagement:

Zu Jahresbeginn galt es, die Auswirkungen des Russland-/Ukraine-Krieges in der täglichen Bonitätsüberwachung richtig einzuschätzen. Die Marktverwerfungen waren viel zu irrational, um immer auf den ersten Blick erkennen zu können, ob wir es mit einer nachhaltigen Gefährdung des jeweiligen Geschäftsmodells zu tun haben oder nicht. Ein kühler Kopf sowie eine ruhige Analyse waren gefordert, damit unüberlegte und damit meist kostspielige Entscheidungen ausblieben.

Derivatemanagement:

Die zum Einsatz gekommenen Absicherungsinstrumente haben sich bezahlt gemacht. Der Effekt der Absicherung eröffnete Spielräume in der Verlustfreien Bewertung des Zinsbuchs sowie dem Bewertungsergebnis. Der bei Abschluss häufig notwendige Ertragsverzicht (Zinsaufwand) bzw. die bezahlten Prämien haben sich mehrfach rentiert. Wir gehen davon aus, dass gerade in einer zunehmenden barwertigen Steuerungswelt der Einsatz derivativer Produkte dauerhaft notwendig sein wird.

Tendermanagement:

Die längerfristigen Offenmarktgeschäfte, die uns über zwei Jahre nahezu risikolose Zusatzerträge generiert haben, verlieren mit der Anpassung aus der Notenbanksitzung von Ende September an Attraktivität. Ferner steht bei vielen Häusern spätestens Mitte 2023 die Rückzahlung an, die uns vor Herausforderungen im Refinanzierungs- und LCR-Management stellen wird.

Illiquiditäts- und Kontrahentenmanagement:

In Krisenphasen wie diesen, neigen die Geld- und Kapitalmärkte zu verstärkter Illiquidität. Dennoch mussten LCR- und notenbankfähige Wertpapiere gefunden werden, um den aufsichtsrechtlichen Anforderungen bzw. dem Sicherheitenmanagement der Bundesbank nachkommen zu können. Dies stellte ein teilweise sehr schwieriges Unterfangen dar, weil nahezu der komplette Markt für eine hohe Nachfrage sorgte, die jedoch nur auf ein begrenztes Angebot stieß. Die Möglichkeiten zur Kontrahentenauswahl im Wertpapierhandel der KC Risk AG machten es dennoch möglich.

Zinsbuchmanagement:

Mit der Verlustfreien Bewertung des Zinsbuchs gemäß IDW RS BFA 3 hat sich im Zuge des massiven Zinsanstiegs ein neuer – wenn auch lang erwarteter – Engpassfaktor aufgetan. Die komplexen Wechselwirkungen mit anderen Steuerungsdimensionen stellen grundsätzlich eine große Herausforderung dar. Häufig bestand bei den Banken Adjustierungsbedarf in der Risikopositionierung oder Parametrisierung. Unser anlassbezogenes Benchmarking unterstützte hierbei die Identifikation der primären Handlungsfelder und lieferte wertvolle Impulse. Insbesondere im Kontext der Jahresabschluss-Gestaltung genießt diese Thematik eine hohe Priorität, da althergebrachte Handlungsoptionen nicht mehr zielführend sind. Ein individueller Maßnahmenplan ist insofern unerlässlich.

Einlagenmanagement:

Des Weiteren erlebt das Einlagengeschäft eine Renaissance nachdem wir jahrelang bemüht waren, den Passivüberschuss tendenziell abzubauen. Auch in diesem zunächst trivial anmutenden Geschäftsbereich sind die Einflussfaktoren vielschichtig. Neben der Begrenzung des Zinsaufwands geht es hierbei insbesondere um eine verträgliche Strategie hinsichtlich der Auswirkungen auf die Liquiditätskennziffern sowie barwertigen Steuerungsgrößen – die Verlustfreie Bewertung des Zinsbuchs lässt grüßen. Elementar ist auch hier, einen adäquaten Regelkreis hinsichtlich der Produkt- und Konditionsgestaltung zu definieren. Wir haben mit unseren Kunden bereits verschiedene Impulse analysiert, die Thematik wird uns jedoch sicher noch weiterhin begleiten.
Die soeben aufgeführten Schwerpunkte stehen beispielhaft für das umfangreiche Beratungspaket der KC Risk AG, welches sich situativ an die jeweiligen Gegebenheiten anpasst. Wir werden unseren Mandanten auch in 2023 ein verlässlicher Begleiter sein.

Ausblick:

Das „Zinsschock-Jahr 2022“ hat uns allen aufgezeigt, wie wichtig eine konsequente Bank- und Risikosteuerung ist. Die akute Krisenbewältigung liegt mit den Jahresabschluss-Maßnahmen hinter uns, die zukünftigen Herausforderungen sind aber weiterhin enorm. Mit den Erfahrungen des zurückliegenden Jahres wollen wir uns gemeinsam den Chancen und Risiken mit unseren Kunden im Jahr 2023 stellen.

Die KC Risk AG – der Treasury Partner an Ihrer Seite.

Autoren: Markus Anders – Bereichsleiter Taktisches Treasury (markus.anders@kcrisk.de; Tel.: 0911-235556-22) & Michael Bauer – Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung (michael.bauer@kcrisk.de; Tel.: 0911-235556-42) & Ralph Freund– Bereichsleiter Strategisches Treasury (ralph.freund@kcrisk.de; Tel.: 0911-235556-22)