Basel-III stellt Gold dem Bargeld und Währungen gleich

„Gold ist Geld. Sonst nichts!“
J. P. Morgan

Historie (Basler Ausschuss)

Der für die Ausarbeitung der Basel-Regularien verantwortliche Basler Ausschuss wurde bereits 1974 von den Zentralbankpräsidenten der damaligen G10-Staaten nach schweren Verwerfungen auf den internationalen Währungs- und Bankenmärkten unter dem Dach der BIZ in Basel gegründet. Mitausschlaggebend dafür war der Bankrott des Bankhauses Herstatt aus Köln im Juni 1974 [1] wegen fehlgeschlagener Devisenspekulationen mit abenteuerlichen Fremdkapitalhebeln. Die Herstatt-Pleite war die bis dahin größte Bankenpleite in der deutschen Geschichte.

Von Beginn an war das Hauptziel der Basel-Regularien die aus Kreditvergaben resultierenden Risiken für das Bankensystem durch höhere Kapitalpuffer zu reduzieren.

Ausgehend vom Basler Konkordat, das erstmals 1975 herausgegeben und seitdem mehrmals überarbeitet wurde, hat der Ausschuss eine Reihe internationaler Standards für die Bankenregulierung festgelegt, allgemein auch bekannt als Basel I, II und III.

Basel-III und NSFR

Die Basel-III-Novelle wurde hierbei durch die Lehman-Pleite und die sich anschließende Welt-Finanzkrise im Jahr 2009 initiiert. Aktuell wird an einer vierten Regelnovelle gearbeitet. Die Regeln sollen die Kreditinstitute durch die drei übergeordneten Ziele – höhere Eigenkapitalrücklagen, klar definierte Verschuldungsgrenzen sowie höhere Liquiditätsanforderungen allgemein widerstandsfähiger gegen Kredit- und Finanzkrisen machen.

Die kürzlich zum 28.06.2021 [2] für europäische Banken in Kraft getretenen neuen Regularien zur Verschärfung der Liquiditätsanforderungen im Rahmen des „Net Stable Funding Ratio“ (NSFR) [3] sind Bestandteil der Basel III-Reform. Dabei werden die unter Stressbedingungen für mindestens ein Jahr zur Verfügung stehenden Refinanzierungsmittel betrachtet. Die Kennzahl setzt Passiva, welche eine stabile Refinanzierung bieten, ins Verhältnis zu Aktiva, die eine stabile Refinanzierung erfordern. Gemäß Artikel 428b Abs. 2 C-CRR ist eine Quote von mindestens 100% zu erfüllen. Dies schränkt die Möglichkeiten einer wirtschaftlichen Fristentransformation zunehmend ein.

Durch die neusten Anpassungen der Liquiditätsanforderungen ergeben sich für Kreditinstitute Änderungen hinsichtlich der Risikoeinstufung des gelben Edelmetalls, worauf nachfolgend näher eingegangen werden soll.

Alloziertes Gold

Allgemein gilt es zwischen allozierten und nicht allozierten Goldbeständen zu unterscheiden.

Bei allozierten Gold handelt es sich um physische Bestände, welche konkreten Eigentümern, darunter auch einem Kreditinstitut selbst, beispielsweise anhand von Barrennummern, individuell zugewiesen werden können. Jene Bestände werden durch die neue Novelle von der vormals risikoreichen Anlageklasse der Stufe 3, in eine Anlageklasse der Stufe 1 mit Null-Risiko-Gewichtung umgestuft [4], wodurch es nun mit Bargeld und Währungen als Anlageklasse gleichzusetzen ist.

Bei nicht allozierten Gold hingegen ist dem Kunden gegenüber lediglich ein allgemeiner Anspruch auf Lieferung des Edelmetalls gegeben. Die nicht zugewiesenen Goldbestände, physisch oder aber auch auf das gelbe Edelmetall lautende Papierkontrakte, befinden sich hierdurch im Besitz der Bank und sind folglich, wie auch im Eigenbestand der Bank befindliches alloziertes Gold, den Aktiva zuzuordnen. Im Gegensatz zu zugewiesenen Goldbeständen, werden jene Bestände als riskanter eingestuft und müssen, gemäß der NSFR aufgrund des Liquiditäts- und Refinanzierungsrisikos von nun an zu 85 Prozent mit Kernkapital (Tier 1 Asset) hinterlegt werden.

Fallbeispiel XETRA GOLD

Bei XETRA GOLD handelt es sich um ein zu 95% mit physischem Gold und zu 5% mit Buchgold (Stand August 2020) besichertes Zertifikat in Form eines ETC. Folglich handelt es sich bei der Schuldverschreibung um kein Sondervermögen, was den Investor im Falle einer Insolvenz des Emittenten zu einem Gläubiger und eben nicht Eigentümer des Goldes macht. Hieraus schlussfolgernd handelt es sich bei XETRA GOLD um nicht alloziertes Gold.

Konkrete Auswirkungen

Im Ergebnis könnten die neuen Anforderungen gemäß der Liquiditätsquote NSFR zu einer Reduzierung des Goldgeschäftes, insofern im Institut überhaupt vorhanden, führen. Hintergrund ist der erhöhte Kapitalbedarf zur Hinterlegung nicht zugeordneter Goldbestände, woraus zusätzliche Kosten resultieren, welche möglicherweise die Attraktivität jenes Geschäftsbereiches mindert. Alternativ kann seitens des Geldhauses eine individuelle Zuordnung der Goldbestände und eine damit einhergehende Volldeckung der Kundenansprüche in Gold erfolgen. Neben verminderten Kapitalkosten [5] durch die Einkategorisierung in Anlageklasse 1 mit Null-Risiko-Gewichtung, ist es bei entsprechender Vermarktung denkbar, hierdurch zusätzliches Kundenvertrauen durch Sicherheit der Bestände zu generieren sowie das Kundeninteresse an Edelmetallen als Assetklasse im Allgemeinen zu steigern. Des Weiteren ist die Symbolik eines zu Teilen „goldgedeckten“ Depot A durch allozierte Eigenbestände, sämtlichen Stakeholdern gegenüber nicht zu vernachlässigen.

Fazit

Fakt ist, die zum 28.06.2021 in Kraft getretenen NSFR-Regeln führen bei Banken zu steigenden Kosten beim Halten nicht zugewiesenes Goldes. Zudem werden die neuen Regeln die Kosten für die Abwicklung von Geschäften nicht allozierten Goldes verteuern. Insofern Ihr Institut hierbei ein relevantes Exposure führt, ist eine Vertiefung der Thematik sowohl intern als auch mit Ihrem Treasury- und Risikomanagementexperten zu empfehlen.

Andererseits ist zugewiesenes Gold nun dem Bargeld und Währungen als Anlageklasse seitens der Regulatorik gleichgesetzt. Dieses historische Ereignis bietet durch die Sicherheit physischer Bestände, sowohl in der Kundenbindung als auch im Management des Eigenbestandes, potentielle Chancen. Für eine Detailanalyse steht Ihnen das Expertenteam der KC Risk AG jederzeit gerne zur Verfügung.

Autor: Lukas Ehrhardt – Händler KC Risk AG (lukas.ehrhardt@kcrisk.de; 0911-235556-67)

[1] Filmempfehlung: „Goldjungs“; 2021; Regie Christoph Schnee
[2] ab dem 01.07.2021 gelten die Verordnungen für US-Banken, ab dem 01.01.2022 auch in Grossbritannien
[3] Artikel 413 CRR (Capital Requirements Regulation)
[4] Artikel 134 (4) Verordnung (EU) Nr. 575/2013
[5] Diese sind den Lagerkosten für physische Edelmetalle stets individuell gegenüber zu stellen.