„Ist das noch Kunst oder kann das weg?“

Die meist eher rhetorische Frage ist ursprünglich wohl auf die unbeabsichtigte Entsorgung von Kunstwerken des deutschen Künstlers Joseph Beuys bei einer Feier im Museum für Gegenwartskunst in Leverkusen im Jahr 1973 zurück zu führen. Immer wieder hört man bis heute diese Fragestellung, welche die Divergenz von Haltung und Meinung zu Kunst widerspiegelt – oftmals dadurch verschärft, wenn noch entsprechende „Preisschilder“ für Kunstwerke genannt werden. Die Diskussion wird gerade um einen Bereich erweitert – die Krypto Kunst.

In Pandemie-Zeiten boomt das Online-Leben und so ist in diesem Jahr auch eine enorm steigende Nachfrage nach digitaler Kunst zu beobachten.
In diesem Zusammenhang taucht der Begriff „Non Fungible Token“ (NFT) auf, der eine „nicht austauschbare Wertmarke“ bezeichnet und eine Art digitales Echtheitszertifikat zur Unterscheidung von Original und Kopie eines am Computer erstellten Kunstwerkes ausdrückt. Der NFT als geschützte Datei ist in der Architektur einer Blockchain (einer stets erweiterbaren Liste von Datensätzen) hinterlegt; die generierten Bilder sind im Internet weiter frei zugänglich, aber das Original und somit den Eigentumsanspruch besitzt nur derjenige mit dem Zertifikat. Spöttisch könnte man sagen, dass man mit einem NFT an sich nichts machen kann – außer angeben, dass man ihn besitzt. Auf bestimmten Online-Marktplätzen können NFTs gehandelt werden, i.d.R. wird dabei mit einer Krypto-Währung gezahlt.

Die Technologie der NFTs gilt als eine der größten Trends in diesem Jahr. Sicherlich auch damit zu erklären, dass in dieser Form eine ganz neuartige Verknüpfung von Krypto-Hype mit der Kunstwelt entstanden ist. Zur ersten Hälfte des Jahres 2020 wurden NFTs im Wert von 12,1 Mio. EUR verkauft. Dass wohl auch der Kapitalmarkt von NFTs nicht verschont bleibt, lässt sich daran erkennen, dass diese neue „Kunst-Technologie“ bis zum Ende des dritten Quartals 2021 Umsatzzahlen von ca. 9,5 Mrd. EUR aufweist. Ein weiterer drastischer Anstieg gilt als sicher.

Als das bislang teuerste NFT der Welt wurde im März 2021 das digitale Kunstwerk Everydays: the First 5000 Days des US-Künstlers „Beeple“ für mehr als 69 Mio. US-Dollar von dem Auktionshaus Christie’s versteigert. Damit ist es das drittteuerste Kunstwerk eines noch lebenden Künstlers, das jemals bei einer öffentlichen Auktion versteigert wurde.

Zur ersten Generation der Blockchain-Kunst gehören die CryptoPunks. Diese entstanden 2017 aus einem Computer-Programm, welches Software-Entwickler so konfiguriert hatten, dass willkürlich 10.000 fiktionale Charakterköpfe als kleine Grafiken (24 mal 24 Pixel) entstehen sollten. Im Juni 2021 erzielte Nr. 7523 mit 11,75 Mio. US-Dollar den bislang höchsten Verkaufspreis eines Punks aus dieser Serie. Vielleicht passend zur Pandemie war es das Pixel Bild mit OP-Maske.

Der größte NFT-Markt ist momentan der für Sportsammelkarten (führend hierbei die US-Basketball-Profiliga NBA). Eine Vielzahl von Bereichen haben sich bislang in unterschiedlicher Form dem NFT-Markt angeschlossen: Hersteller von Sportwagen, Sneaker, Designerkleidung, große Sportclubs und angesagte Musik-Stars sind nur einige. Auch Tier- und Artenschutz wird derzeit über den Verkauf von „NFAs: Non Fungible Animals“-Kunstwerken betrieben. Für den Einsatzbereich von Kryptokapital in welcher Form auch immer scheint es schier keine Grenzen zu geben.

Ob es nun einfach ein verpixeltes Bild ist oder doch Kunst und wenn, wieviel ist sie wert, darf jeder für sich selbst beantworten. Bei vielen Hypes ist der Begriff „spekulative Blase“ sicherlich treffend angeführt – aber auch an den Kapitalmärkten ist Spekulation bekanntlich stets ein treuer Begleiter.

Autor: Christian Panosch – Senior Consultant KC Risk AG (christian.panosch@kcrisk.de; 0911-235556-48)