KC Risk AG – Bankenumfrage zum Verwahrentgelt

Als die EZB den Satz für die Einlagenfazilität im Jahr 2014 erstmals in den negativen Bereich gesenkt hat, hielten dies viele für ein kurzfristiges Phänomen. Entsprechend hatten viele Marktteilnehmer die Hoffnung gehegt, diese Phase aussitzen zu können. Gleichzeitig mussten zunächst juristische Fragen geklärt und die technische Infrastruktur an das Thema Verwahrentgelt angepasst werden. Nach der insgesamt eher zögerlichen Einführung von Verwahrentgelten bei Kommunen und Gewerbekunden, hat das Thema insbesondere im letzten Jahr im Privatkundengeschäft eine erhebliche Dynamik erreicht. Auf breiter Front haben Banken und Sparkassen Verwahrentgelte für Guthaben auf Kontokorrent- und Tagesgeldkonten eingeführt. Für diese Entwicklung sind zwei wesentliche Faktoren relevant. Zum einen verfügt der Euro-Kapitalmarkt durch die EZB Geldpolitik (GLRG III, QE) über reichlich Liquidität und gleichzeitig wachsen die Kundeneinlagen – verschärft durch die Corona-Krise – mit ansteigender Dynamik weiter an. Die strategische Relevanz des Themas wird für Banken und Sparkassen in der Folge immer größer.

In den letzten Monaten gab es fast täglich Nachrichten in den Medien über Banken, welche ihre Kunden mit dem Verwahrentgelt belasten. In Deutschland verlangen zum aktuellen Zeitpunkt über 490 Banken und Sparkassen ein Verwahrentgelt. Der Trend hat im laufenden Jahr weiter an Fahrt aufgenommen, nachdem 290 Banken die Einführung beschlossen haben. Innerhalb von zwei Jahren hat sich die Anzahl versechsfacht. Erst kürzlich machten die beiden Direktbanken DKB AG und ING Schlagzeilen. Die DKB AG wird zukünftig alle Neukunden mit einem Verwahrentgelt in Höhe von -0,5% für einen Kontostand über 50.000€ belasten. Für Bestandskunden beträgt der Freibetrag 100.000€. Die ING bittet alle Kunden über 50.000€ zur Kasse.

Trotz der negativen Pressemeldungen und unzufriedener Kunden darf die Problematik der Passivkonditionen in Zeiten negativer Zinsen nicht außer Acht gelassen werden. Das kontinuierlich fallende Zinsniveau und der allgemeine Margendruck der letzten Jahre verursachten eine deutliche Reduktion der Zinsspanne bei den Banken. Theoretisch sollte unabhängig vom Zinsniveau die Zinsmarge einer Bank auf beiden Seiten der Bilanz relativ konstant sein. Entscheidet sich aber eine Bank im Umfeld fallender Zinsen die Passivkondition nicht weiter zu senken (z.B. Untergrenze 0%), läuft sie über kurz oder lang in eine Ertragsfalle. Es ist nämlich schlicht nicht möglich eine relevante Ausweitung der Aktivmargen durchzusetzen – der Angebotsüberhang im Kreditbereich aufgrund der EZB Politik verhindert dies. Um im aktuellen Niedrigzinsumfeld eine ausreichende Zinsmarge zu generieren, ist die Weitergabe negativer Zinsen an die Kunden unumgänglich. Für die Überschussliquidität, die über dem Freibetrag bei der europäischen Zentralbank liegt, werden negative Zinsen in Höhe von -0,5% fällig. Wird der negative Zins nicht an die Kunden weitergegeben, schmilzt die Zinsmarge durch den hier entstehenden Zinsaufwand. Dieser Zusammenhang belastet vor allem die Profitabilität von Banken, welche nicht kapitalmarktorientiert sind stark und erfordert in Zeiten negativer Zinsen die Einführung des Verwahrentgelts um die eigene Zukunftsfähigkeit zu sichern.

In der Realität zeigen sich unterschiedliche Vorgehensweisen bei der Einführung von Verwahrentgelten. Aufgrund der enormen Bedeutung wollen wir unseren Banken gleichwohl ein umfassendes Bild über den Status Quo, sowie mögliche Best-Practice-Ansätze mit an die Hand geben. Aus diesem Grund führten wir eine Umfrage mit unseren Mandanten durch. Die Bankenumfrage stieß auf großen Zuspruch und Interesse. Insgesamt nahmen 63 Mandanten an der umfangreichen Umfrage zum Verwahrentgelt teil. Die Bankenumfrage fand Mitte Juli 2021 statt und nach der Ergebnisanalyse haben wir gemeinsam mit den teilnehmenden Banken mögliche Ansatzpunkte bzw. Optimierungspotentiale erörtert.

Im Nachfolgenden möchten wir Sie prägnant über die wichtigsten Ergebnisse informieren:

  • Der Großteil der befragten Banken hat bereits das Verwahrentgelt für die Kundengruppen Privatkunden, Firmenkunden und Kommunen eingeführt oder plant dies in naher Zukunft. Dabei liegt der Fokus auf Neu- und Bestandskunden gleichermaßen.
  • Wie die nachfolgende Grafik zeigt, kündigten bzw. planen aktuell 40 Banken die Kontoverbindung zu kündigen, falls der Kunde mit der Vereinbarung zum Verwahrentgelt nicht einverstanden ist.
Bankenumfrage zum Verwahrentgelt
  • Die meisten Banken räumen den verschiedenen Kundengruppen einen Freibetrag in unterschiedlicher Höhe ein. Eine Freigrenze oder die Belastung höherer Kontoführungsgebühren ohne Verwahrentgelt spielen keine Rolle.
  • Überwiegend beginnt der Freibetrag bei einer Höhe von 100.000€, kann jedoch auch darunter liegen. Der Freibetrag für Firmenkunden und Kommunen ist durchschnittlich höher als bei Privatkunden.
  • Eine weitere spannende Erkenntnis lässt sich durch die Bankenumfrage feststellen. Die Höhe des Verwahrentgelts beträgt fast ausschließlich -0,5% für alle Kundengruppen. Die Feststellung gilt gleichermaßen für Sichteinlagen und Geldmarktkonten.
  • Das ausschlaggebende Kriterium für die Höhe des Verwahrentgelts ist im jeweiligen Kundenvolumen begründet.
  • Klassische Passivprodukte wie Sparprodukte, Sparbriefe, Festgelder etc. stehen nicht mehr im Fokus der aktuellen und zukünftigen Produktpolitik. Da bei diesen Produkten keine Implementierung des Verwahrentgelts möglich ist, bieten die meisten Banken diese Produkte Ihren Kunden nicht mehr an. Das Kündigungsgeld ist hiervon weniger betroffen. Geldmarktkonten bleiben größtenteils im Produktportfolio bestehen, da das Verwahrentgelt möglich ist und technisch unterstützt wird.
  • Die befragten Banken knüpfen die zukünftige Höhe des Verwahrentgelts vor allem an den Leitzins. Die Maßnahmen im Niedrigzinsumfeld sind überwiegend die Erhöhung des Verwahrentgelts und die Begrenzung von Einzahlungen auf Passivprodukte.
  • Die zukünftige Zinsschätzung zeigt, dass die Banken in den nächsten Jahren mit einem unveränderten oder bestenfalls leicht steigenden Zinsniveau rechnen.

Die Ergebnisse der Bankenumfrage zeigen die zukünftige Marschroute der Banken auf. Es wird kein Weg am Verwahrentgelt vorbeiführen, um im Niedrigzinsumfeld, bei gleichzeitig hohem Margendruck auskömmliche Erträge zu erzielen und somit zukunftsfähig zu bleiben. Auch zukünftig wollen wir aufgrund der positiven Rückmeldungen Bankenumfragen durchführen. Dadurch können wir Sie auf zukünftige Entwicklungen im Bankenmarkt vorbereiten und strategische Impulse liefern. Dies ist ein weiterer Baustein, mit dem unsere Berater Ihnen dabei helfen, Ihre Bank erfolgreich zu steuern und auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten.

Autor: Jonas Köberle – Trainee KC Risk AG (jonas.köberle@kcrisk.de; 0911-235556-51)