KI-Kunst – neue Kreativität ohne Seele?

Ein Kommentar

Das Themenfeld Künstliche Intelligenz (KI) ist seit Monaten in aller Munde und hat erhebliches Potential zu einer der wichtigsten technologischen Entwicklungen der Neuzeit zu werden. Aufgabenkreise hierfür finden sich in vielen Bereichen: von Wirtschaft, Forschung, über reine Informationsverarbeitung, bis hin zu gesellschaftlichen Inhalten.

Derzeit wohl bekanntester Chatbot – ChatGPT – verfasst in kürzester Zeit sinnhafte Texte, andere Maschinen komponieren Musikstücke und erschaffen zudem auch Bilder.

Kann damit folglich auch Kunst durch KI entstehen oder ist das kreative Moment für das klassische Kunstverständnis nur menschlicher Intelligenz zuzuschreiben? Klare und eindeutige Antworten gibt es sicherlich nicht.

Schon vor fünf Jahren wurde ein durch KI angefertigtes Porträt-Bild mit dem Titel „Edmond de Belamy“ beim Auktionshaus Christie’s für 432.500 USD versteigert (zum 45-fachen Preis wie ursprünglich geschätzt).

Neben der Tatsache, dass man auch bei diesem Bild über die Schönheit und künstlerischen Fähigkeiten diskutieren kann (man könnte annehmen ein Glas Wasser sei versehentlich vergossen worden), ist bis heute eine der spannendsten Fragen – wenn nicht für die zukünftige KI-Kunst Entwicklung sogar die herausragendste Frage – ungeklärt: wer ist der Urheber und somit Künstler des Bildes? Etwa die Maschine, der Programmierer oder sogar der Algorithmus, der ja nach Input anders reagiert?

Ist das noch Kunst oder kann das weg? Für den einen mag KI in der Kunst das Ende menschlicher Kreativität und künstlerischer Freiheit bedeuten, für andere die Grundlage einer Weiterentwicklung mit neuen interessanten Möglichkeiten.

Der Berliner Künstler Roman Lipski befand sich vor einigen Jahren inmitten einer Schaffenskrise, in welcher er über einen Datenspezialisten die maschinelle Hilfe für sich entdeckt hat. Er tritt mehr oder weniger in einen Dialog zwischen Mensch und Maschine und erhält dadurch neue Inspiration für seine Werke.

„Es gibt einen allgemeinen Konsens darüber, dass KI-Systeme nicht an menschliche Kreativitätsleistungen heranreichen, zumindest bislang nicht, sollte man einschränkend hinzufügen“, so urteilt Ulrike Groos, Direktorin des Kunstmuseums Stuttgart.

Bei der Ausbreitung neuer Technologien wird oft ein hohes Tempo an den Tag gelegt, was sich im Zeitalter der Digitalisierung natürlich nochmal immens potenziert. Die Anwendungsgebiete von KI werden durch die Forschung immer mehr, ungewollte Auswüchse steigen hierbei wohl folglich leider in gleichem Maße an.

Wie hoch man das Können eines einzelnen Individuums ansetzt und mit den schier unendlichen Möglichkeiten von Maschinen vergleichen möchte oder auch nicht, bleibt jedem Einzelnen selber überlassen.

Der KI ist es zwar möglich, riesige Datenbestände auszuwerten und weiterzuverarbeiten, eigene „Fantasie“ entwickelt sie bislang aber nur in dem Stile, wie man es ihr vorgibt. Ohne jegliches Bewusstsein für emotionale, soziale und gesellschaftliche Umstände gelingt es den Maschinen nicht, Verlinkungen zu den genannten Bereichen herzustellen. Für Künstler ist dies seit jeher eine maßgebliche Motivation und Grundlage ihres Einfallsreichtums.

Vielleicht erweitert aber KI auch den Kunstzugang für Interessierte. Der Neurowissenschaftler Matthias Bethge zum Beispiel hat mit einem Team in Tübingen eine KI-gesteuerte Software entwickelt, welche den Stil berühmter Künstler nachahmen kann. Mittlerweile kann man generell über einige KI-Apps beliebige Fotos aus dem normalen Leben hochladen, die man sich dann in der eigentlich unnachahmlichen Art und Weise des gewünschten Künstlers bearbeiten lassen kann.

Weiterentwicklung gibt es auch bei einem KI-Bildgenerator von OpenAI, was als „Outpainting“ bezeichnet wird. Das berühmte Gemälde „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ des Malers Vermeer hängt als Original im Museum Mauritshuis in Den Haag. Mit entsprechendem Input an den KI-Generator kann man ein „erweitertes“ Bild entstehen lassen, wie etwa die ursprüngliche Umgebung des Mädchens unter Vermeer ausgesehen haben könnte.

Ob und in welcher Form für den Betrachtenden die Herkunft bzw. Entstehung eines Werkes eine Rolle spielt, kann jeder für sich beantworten. Wenn man das Kunstobjekt nicht zwingend unter Anlage- und Wertsteigerungsaspekten betrachtet – wofür die Urheberschaft einer der ausschlaggebenden Punkte ist – lässt sich Kunst vielleicht ganz einfach als eine Frage der Wahrnehmung betrachten.

So soll schon ca. 400 vor Christus der griechische Geschichtsschreiber Thukydides die These aufgestellt haben: „Schönheit liegt im Auge des Betrachters“.

KI interessiert? Dann mal hier vorbeischauen…

Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe

KI-Innovationspark Heilbronn

Autor: Christian Panosch – Senior Consultant KC Risk AG (christian.panosch@kcrisk.de; 0911-235556-48)